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Malcolm Goldstein / Matthias Kaul |
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Mit 'The Smell of Light' legen Malcolm Goldstein und Matthias Kaul ein zumeist auf Improvisationen basierendes Kaleidoskop erfindungsreicher Klangerkundung vor, dessen Genuss gleichfalls bereits an der sinnlich aufgemachten Außenseite beginnt - ist die CD doch in eine handgenähte Tasche eingesteckt, gefertigt aus dem Fragment einer Tusche-Arbeit, die der Künstler Wolfgang Kahle auf japanischem Kinwashi-Paper gemacht hat. In den insgesamt sechs Stücken verbinden die beiden Composer-Performer allein oder im Duo Instrumental-, Stimm- und Geräuschmomente unterschiedlichster Art zu jeweils sehr eigenen, aber immer subtil strukturierten Klangsituationen, deren wichtigstes Kennzeichen das Moment ständiger Transformation ist. Ob es sich um das nervöse Flechtwerk aus Violin- und Vokalkontrapunkten in Goldsteins 'it were another' (1998), um die atmosphärischen Momentaufnahrnen von Kauls 'Revolver' für Drehleier und Stimme (1997) oder um die unterschiedlich dichten Verschmelzungsgrade gestrichener Schlagzeug- und Saitenklänge in Kauls 'Last! Movement' (1997) handelt: Den Musikern gelingt es immer, die Eigenschaften der in den Mittelpunkt gerückten Klänge in vielfacher Schattierung abzutasten und - Dank eines Höchstmasses an Intensität und musikalischer Erfindungsgabe - den Hörer mit auf eine äusserst spannende Klangreise zu nehmen. Stefan Drees in 'Positionen' sechzig |
Der Sound steckt in der Tüte Avantgardistische Klänge, von Matthias Kaul und Malcolm Goldstein
komponiert und in einer Aufnahmesession an zwei Tagen im Oktober 1999
im Sendesaal des Hessischen Rundfunks in Frankfurt/Main eingespielt:
Nichts Spektakuläres, sondern Ergebnisse einer Klangreise in
ein spannendes Spektrum der Neuen Musik. Violine, Stimme, Percussion
und Hurdy Gurdy transportieren Kompositionen, die im letzten Jahrzehnt
des vergangenen Jahrhunderts entstanden sind: The Smell Of Light.
Neben der Referenz an Designer wie Roger Dean und Hypgnosis zitiert Kaul
wieder aus rockmusikalischen Werken. Good mourning moon für Violine
und Hurdy Gurdy enthält Verweise auf Hush Now von Jimi Hendrix und
Curtis Knight. Revolver für Hurdy Gurdy und Stimme bezieht sich auf
das gleichnamige Album der Beatles, das von Klaus Voormann für damalige
Zeiten in revolutionärer Weise gestaltet wurde. |
Malerei und Design. Das neue, zarte Kunstwerk ist weit entfernt
von herkömmlicher CD-Covergestaltung und macht augenfällig klar,
wie mit Mitteln der Malerei die Musik über ihren vordergründigen
Zweck hinaus als Werk der Bildenden Kunst ernst genommen werden will. Das
Auge hört mit. In der zweiten Ausgabe seines auf drei Teile angelegten
akustischen Kunstwerks arbeitete Matthias Kaul wieder mit dem Maler Wolfgang
Kahle zusammen. Ihr erstes gemeinsames Projekt hieß Fever und erschien
vor zwei Jahren ebenfalls beim Label Nur/Nicht/ Nur. Was zu Zeiten der 30-Zentimeter-Schallplatte selbstverständlich war und im kunstvollen Cover-Design viele bemerkenswerte Ergebnisse brachte, verlor seine ganzheitliche Bedeutung mit der Einführung der CD an eine überwiegend Werbung tragende Schutzhüllenfunktion. Matthias Kauls Herkunft als Rock- und Jazzschlagzeuger spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle; sie verbindet ihn immer noch stark mit der Zeit, als musikalische Identität und künstlerische Gestaltung noch in einem Atemzug genannt wurden: «Das große Cover zu den Langspielplattenzeiten war ja etwas Schönes und es wurde damals viel genutzt. Eindrucksvolle Cover sind da entstanden, von den Small Faces zum Beispiel und von Jethro Tull. Besonders bemerkenswert ist das Cover von Sgt. Pepper. Auch die Gruppe Yes hatte fantastische Cover, die immer vom selben Maler gefertigt wurden. Schade, dass es diese Cover nicht mehr gibt, denn im Vergleich zu den Covern der CDs konnte man damals noch richtig gestalten und sich austoben.» |
Auf feinstem, 64 Gramm schwerem Kinwashi-Japanpapier malte Wolfgang Kahle mit chinesischer Tusche ein circa 52 Quadratmeter großes Bild. Für jedes von Hanne Kasteinke handgemachte Cover wurde dieses große Gemälde in eintausend gleich große Stücke zerschnitten und mit feinem Faden zusammengenäht. Eine einfarbige Kordel vervollständigt den Eindruck, die CD befände sich in einer kleinen Handtasche. Die Miniwäscheklammer erlaubte den Künstlern den Schwenk zum Fluxus: sie dient als Verschluss. «Diese kleine Wäscheklammer war ein absoluter Zufall, denn wir haben über-legt, wie kriegen wir jetzt das Ding zusammen. Wir wollten mit der Klammer den Haltegriff befestigen, das sah aber nicht gut aus.» Das Ergebnis kann sich sehen lassen und lässt die spannende Frage aufkommen, wie die dritte und letzte Ausgabe des Projekts aussehen wird ... Neue Zeitschrift für Musik 5/2004 |
Goldstein, Malcolm/violin Here is modern High Art at its finest: undefined genre; no melodies; stretches of freely improvised passages; virtuosic performances often filled with passion and irreverence; and consummate writing that blurs the edges. Each limited edition CD is framed in a handmade CD bag. There are few musicians, let alone violinists, incorporating the explosive fervor of Malcolm Goldstein, who stretches the palette of his instrument in unexpected directions. Here he is |
joined by percussionist Matthias Kaul, a former rock and jazz drummer who migrated toward Free Improvisation and who first met Goldstein at a milk bar in the main train station in Hamburg, Germany, after which the two performed together regularly in concert. What makes them work so well as a duo is that besides being outstanding improvisers, they suppress egos as each listens extremely carefully to the other. The continually unexpected results are as invigorating as they are disturbing. On Kaul’s “Concerning Melody,” there is a simple call-and-response passage followed by impassioned percussion shaded by the violinist’s colorful flights. Moods change, sometimes dramatically, as on the penultimate composition, “Last! Movement,” which opens with ambient percussion and lightly swirling violin, with Kaul dramatically increasing his volume on occasion, and the sounds eventually waning to nothingness. A couple of the tracks use texts as essential elements. “It Were Another,” for example, a solo violin piece (with added spoken word), written by Goldstein, is based both on phrases of the composer describing improvisation, and on a statement by painter Jasper Johns that was later adapted by John Cage. Throughout the recording there is a sense of extraordinary creativity, with the listener seemingly privy to an extraordinary conversation between two creative spirits. Steven Loewy, All Music Guide |