|
Schlechte - Piano solo |
land 4 uhr 1 1/2 4 5 5 1 1/2 1/2 + Sechs Titel, gespielt auf den Tasten des Instruments, werden durch drei
Titel ergänzt, welche ausschließlich den Innenflügel bedienen. |
zu immer neuen Bildern zusammensetzt,
und ihre Oberfläche mit fühlenden und zärtlichen Händen
ertastet. Es ist eine Spielen auf der Kippe. Das Ausgangsmaterial bilden kleine Ton-Motive und Intervalle, deren Gebrauch und Wiederholung bewusst kontrolliert wird, damit Repetition, durchaus Modell der Tonbewegungen, dennoch als solche nicht wahrnehmbar ist, sondern nur durchschimmernd ahnbar bleibt. Repetitionen werden in dem Moment verändet sobald sie sich manifestieren wollen, ein Balancieren zwischen losgelassener Motorik, zwischen so „schnell wie möglich“ und „bewusst konstruieren“. total time 39:43 all pieces composed, played and produced by Marit Schlechte (GEMA) recorded and mastered july 3, 2004 by Arne Junker, uwarton studio stuttgart 2004 cover design Gundula Rexin c + p 2005 |
Die deutsche Pianistin Marit Schlechte, die Berlin derzeit zu ihrem Lebensmittelpunkt auserkoren hat, belegt mit ihrer Solo-CD ihre eigenwillig formulierte Ästhetik Improvisierter Musik oder Momentmusik, wie sie es beschreibt. Schlechte reflektiert in ihren zeitlich kompakten Klangstücken Anregungen avancierter Jazzspielweisen und experimenteller Neuer Musik, was sie in struktureller Feinsinnigkeit auslebt. Dabei entwickelt sich eine Ereignishaftigkeit die Ausgänge offen lässt, sich in entscheidenden Momenten zurückzieht, für kurze Momente in der Stille verharrt - und doch plötzlich wieder vorwärts strebt und wild herausfährt. Und Schlechte versteht wirklich zu überraschen, da sie mit spielerischer Energie, Lebhaftigkeit und Fantasie bewährte Typologien und stereotype Muster versetzt. Einem ausgeprägten Gespür für | Differenziertheit und punktgenauer Konzentration folgend,
spielt die Pianistin die diversen Klangzustände aus, dringt in sie
ein, lässt Risse entstehen, leitet über zu sich verdichtender
Beschaffenheit. All das geschieht mit luftiger Transparenz, elastischer
Motorik und dem Willen nach Erkundung neuen Terrains. An den Tasten
forsche Aggregatzustände evozierend, wie im Innenraum des
Klaviers, in filigrane Liniengewebe und unerhörte Flächigkeiten
eintauchend. Schlechtes Piano-Solo strotzt nur so vor guten Seiten. Die
Improvisierte Musik lebt und wird dank solcher Persönlichkeiten
mit frischem Lebensgeist aufgekratzt. (han)
Hannes Schweiger in „freistil – Magazin für Musik und Umgebung“ , Juni 2005 |
Mit piano solo (Berslton 105 01 22) macht BA erstmals Bekanntschaft mit der Pianistin MARIT SCHLECHTE (*1970), die nach einigen Stuttgarter Jahren, in denen sie neben ihrem Rhythmikstudium das Ensemble Unterton gegründet und Konzertreihen organisiert hatte, jetzt wieder in Berlin lebt. Ihr pianistischer und bruitistisch neugieriger Ansatz machte sie u.a. anschlussfähig an Leute wie Baltschun, Bosetti, Doneda, Heenan oder Günter Heinz. Auf ihrem Solodebut zeigt Schlechte jedoch keine diskreten Facetten, vielmehr einen konzeptionell explorativen Ansatz. Passagen, die immer wieder repetitiv stagnieren, vexieren zwischen hartnäckiger Detailversessenheit und komplexer Mathematik (‚land 4 uhr‘), einer nahezu Nancarrow‘schen Motorik (‚4‘) und pointillistischer Aleatorik (‚5‘). |
Sechsfach wird eine Klangidee minutiös ausgelotet, wobei für ‚5 1/2‘ 36 Sekunden ausreichen, während bei ‚1 1/2‘ und ‚1/2 +‘ mit ihren aushallenden Anschlägen auch die Zeit mit gedehnt wird. Auf die aus den Tasten gepochten Klangkonstrukte lässt Schlechte drei je gut dreiminütige Arbeiten im Innenklavier folgen, die ihren Clou jeweils schon im Titel verraten - ‚schnur‘, ‚draht‘, ‚holz‘. Chromatisches Schimmern, spieluhrartig pingende Arpeggios und knarrende, geschabte Stahlsaitenvibrationen verraten Schlechtes geradezu Lachenmann‘sche Freude an bruitistischen Materialeffekten. Das Ausgedachte an diesen Etüden rückt in den Hintergrund sobald die Töne erklingen, die ebenso stark tachistischen Impulsen zu folgen scheinen wie einem Schema und die Zeit anders zerhacken und sprunghaftere Wendungen im Raum nehmen, als man vermuten möchte. Rigobert Dittmann, Bad Alchemy 49 |
Marit Schlechte ist Komponistin - - - und Improvisationsmusikerin, was sich auch in ihren Klavierwerken widerspiegelt, in der Elemente der Jazzimprovisation mit Neuer Musik zusammengeführt werden. Rigobert Dittmann fühlte sich bei dieser »hartnäckigen Detailversessenheit« in seiner Bad Alchemy-Rezension an Nancarrow erinnert, ebenso könnte auch noch Cecil Taylor als Referenz genannt werden: Marit Schlechtes Besonderheit ist die der permanenten Überraschung. Lyrische Momente und kurze Pausen wechseln ab mit bruitistisch ratternden Passagen, während derer das Klavier mit futuristischem Furor bearbeitet wird. Jegliche Sentimentalität ist dieser manchmal geradezu maschinenhaften Musik fremd, doch Kälte wäre zugleich der unpassendste Ausdruck, um zu beschreiben, wie präzise Schlechte ihre kurz angespielten Motive repetitiv weiterentwickelt und mit stets nur leichten Nuancen variiert. Eine außergewöhnliche, geradezu manische Veröffentlichung, die es eventuell deshalb schwer haben wird, weil sie sich nicht wirklich ins Jazz-Regal, aber auch nicht zur Neuen Musik einordnen lässt. Testcard 16 |